Die Katze ist in vielerlei Hinsicht zäh wie Schuhleder. Sie hat (zumindest als Freigänger) ein geradezu gusseisernes Immunsystem und eine fantastisch anmutende Wundheilung. Sie macht selbst schwerste chronische Schmerzzustände in aller Stille mit sich selbst aus. Sie kann mit Narkosen umgehen, bei denen andere Spezies sterben würden wie die Fliegen. Und sie gilt (zumindest im Vergleich zum Hund) als genügsames und billiges Haustier. Aber auch Hunde leiden still an Erkrankungen der Maulhöhle und der Zähe.
Alles schön und gut, aber im grellen Licht der tiermedizinischen Realität besehen, erwachsen den Samtpfoten aus der Kombination dieser eigentlich positiven Eigenschaften gern schwere Nachteile, denn viel zu oft werden sie zum Opfer von Geiz, Ignoranz und Vernachlässigung.
Und damit kommen wir zu einem häufigen Problemfeld, in dem das Tier regelmäßig den Kürzeren zieht, nämlich zu den Zähnen. Wie oft wird mir ein älteres Tier mit Störungen des Allgemeinbefindens vorgestellt, deren Besitzer mir mit stolzem Unterton verkünden, dass das Tier noch nie krank oder überhaupt beim Tierarzt gewesen wäre!
Zeige ich dann den Besitzern die entzündeten, eitrigen oder gar blutenden Zahnruinen, an denen man außer der schleunigsten Extraktion gar nichts mehr machen kann, ist das (völlig berechtigte) Erschrecken meist groß. Es will mir irgendwie trotzdem nicht in den Kopf, warum unsere, also die Aufklärungsarbeit der vorwiegend mit Zähnen befassten Tierärzte, im Internetzeitalter immer noch nicht bei vielen Tierbesitzern ankommt. Die meisten Menschen putzen ihre eigenen Zähne, gehen alle sechs bis zwölf Monate zur professionellen Zahnreinigung und kommen trotzdem nie auf die Idee, bei ihrem Tier wenigstens mal ins Maul zu schauen.
Oft wird die Aussage getätigt, dass man in dem Alter des Tieres nichts mehr machen wolle. So ein Unsinn, ehrlich! Wenn ein alter, herzkranker und übergewichtiger Mensch einen Kieferabszess oder einen Beinbruch hat, macht man dann auch nichts, nur weil er alt ist und ein höheres Narkoserisiko hat?
Also, jetzt zum wiederholten Mal ein paar ganz einfache Regeln, die Zähne von Tieren betreffend:
- Lassen Sie regelmäßig die Zähne von Ihrem Tierarzt kontrollieren! In den ersten fünf Lebensjahren ist einmal pro Jahr (also im Rahmen des sowieso notwendigen Jahres-CheckUps) ausreichend, danach wären kürzere Abstände zur Vermeidung von monatelangen Leidenszuständen durchaus angebracht.
- Katzen als Freigänger, die viele Mäuse (die „Zahnbürsten der Katze“) fressen, haben durchschnittlich einen besseren Zahnstatus als Stubenkatzen. Andersrum gesagt: Eine Stubenkatze über fünf Jahren ohne Zahnprobleme ist eine echte Ausnahmeerscheinung!
- Die Tierarztpraxis, die sich um die Zahnprobleme kümmern soll, sollte ein Dentalröntgengerät haben und auch anwenden. Jede zweite Katze über fünf Jahren leidet (und zwar so richtig!) an FORL (Feline Odontoklastische Resorptivläsionen). Die durch FORL verursachten und extrem schmerzhaften Zahnschäden können in den meisten Fällen nur durch Zahnröntgen sicher nachgewiesen werden.
- Und damit schließt sich der Kreis: Narkosen für korrekte Zahnbehandlungen beim Tier, inklusive komplettem Maulhöhlenröntgen und eventuell dann auch noch fälligen Zahnextraktionen können sehr lang sein, gerne mal über zwei Stunden. Und das bei Tieren, die oft nicht mehr wirklich jung sind und die schon das eine oder andere chronische Problem mit Herz, Nieren oder Schilddrüse haben.